
Die weiße Fahne am Böhlener Kirchturm
In Böhlen initiierte der Verein Vielfensterhaus eine Aktion zum 80-jährigen Kriegsende. Diese löste gespaltene Reaktionen aus.
Von Marina Hube
BÖHLEN. Der 11. April 1945 setzte dem Zweiten Weltkrieg in Böhlen ein Ende. Um einem möglichen Beschuss zu entgehen, wurde am Kirchturm des Ortes die weiße Fahne gehisst. Wer diese damals am Kirchturm befestigte, darüber gebe es verschiedene Aussagen. Mindestens zwei Personen sollen es gewesen sein.
Am 11. April kamen amerikanische Soldaten aus Richtung Neustadt. Die Gefahr des Beschusses durch die Artillerie bestand. Man hörte es von den Bewohnern der Umgebung.
Die weiße Fahne half, einem solchen Schicksal zu entgehen. Diese zu hissen, bedeutete Lebensgefahr, denn derjenige wurde als Landesverräter eingestuft. 80 Väter, Söhne und Brüder verlor Böhlen durch den Krieg auf den Schlachtfeldern Europas.
Aktion mit viel Pro und Contra
80 Jahre ist das nun her. Die Mitglieder des Böhlener Vereins Vielfensterhaus haben mit einer Aktion diesem runden Gedenktag Aufmerksamkeit geschenkt. Sie sprachen sich im Vorstand dafür aus, dass noch einmal eine weiße Fahne auf dem Kirchturm gehisst werden soll. Es ist ein Teil der Ortsgeschichte, mit der man sich auseinandersetzen soll, sagt Dieter Lange (Schanz). Gemeinsam mit Wolfram Werlich und Thomas Raimund haben sie die Szene nachgestellt: Damit es keine Beschädigung durch den Wind gibt, sei Schanz noch einmal im Kirchturm gewesen, um die Fahnenstange sicher zu befestigen. Als die Fahne hing, habe er noch am selben Tag den Böhlener Kirchenvorstand von der Aktion in Kenntnis gesetzt mit dem Hinweis, dass es eine Aktion vom Vielfensterhaus ist.
„Es gab auch negative Rückmeldungen“, waren die Erfahrungen. Manche im Ort sprechen sogar von einem Eklat. Dass die Aktion nicht mit dem Hausherren, dem Kirchenvorstand, abgesprochen war, fand Gemeindekirchenvorstand Andreas Beyersdorf nicht so toll. Er sei von verschiedenen Menschen aus Böhlen dazu angesprochen worden.
Die weiße Fahne ist nach drei Tagen wieder abgenommen worden, sagt Schanz. Durch die Aktion wurden die Gespräche zum Thema 80 Jahre nach dem Kriegsende im Ort angeregt und teilweise intensiv diskutiert. Vor der Kirche gibt Schanz mit einem Zeitfenster Auskunft über die Geschehnisse inklusive des Ereignisberichtes an diesem Tag.